
Demokratie leben
Teilhabe und Partizipation durch das Konzept des Schülerparlamentes an der GS Netphen
Entstehungsgeschichte
Die Wurzeln unseres Schülerparlamentes liegen in den Klassenräten, die sich zu Beginn der 2010er Jahre in vielen (Grund-) Schulen etablierten; so auch in der GS Netphen.
„Der Klassenrat ist ein partizipatives Lernarragement. Er ist der schulische Lernort für Demokratie, wo für Kinder und Jugendliche durch Anerkennung, Wertschätzung und Gleichwertigkeit Demokratie erfahrbar wird.“ DeGeDe (Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V.)
Die Schülerinnen und Schüler versammelten sich mit ihren Lehrkräften einmal wöchentlich, diskutierten über gemeinsame Probleme, fanden eigene Lösungen oder formulierten Wünsche. Partizipation zog in den Klassen langsam ein.
Im Schuljahr 2019/2020 spitzte sich die Pausensituation am Standort Niedernetphen zu. Es gab gehäuft Streit, den die Kinder durch Handgreiflichkeiten versuchten zu lösen. Da in diesen Konflikt alle Klassen involviert waren, trafen sich alle Klassensprecher*innen, diskutierten und beschlossen, sich für die Anschaffung einer Boulderwand stark zu machen. Das Schülerparlament am Standort Niedernetphen war geboren.
Diese Entwicklung wurde durch die strengen Auflagen zu Zeiten der Pandemie jäh unterbrochen.
Aktueller Entwicklungsstand
Seit dem Schuljahr 2023/2024 starten wir voll durch!
Strukturen
Schnell zeigte sich, dass die Zusammensetzung des Gremiums doch problematisch ist, da sich diese jährlich ändert. Daher wurde folgende Struktur, in Anlehnung an die Mitbestimmungsgremien der Schul-gemeinde, von uns vorgegeben:
Im ersten Quartal (bis zu den Herbstferien) werden die neuen Klassensprecher*innen gewählt. Bis dahin existiert eine doppelte Spitze in allen Klassen.
Im zweiten Quartal (bis zu den Weihnachtsferien) werden aus dem Gesamtschülerparlament sechs Kinder als Vertreter*innen aller Schülerparlamentskinder gewählt. Aus diesem Kreis wiederum wählt das Gesamtschülerparlament drei Sprecher*innen als Mitglieder des Eilgremiums. Bis zu diesem Zeitpunkt existiert auch in diesem Rahmen eine doppelte Spitze.
Im dritten und vierten Quartal arbeitet das aktuelle Gremium „allein“.

Praxis
Regelmäßige Parlamentstreffen an den einzelnen Standorten (Diskussionen/Entscheidungen zu Themen am eigenen Standort) und Gesamtschülerparlamentstreffen (Diskussionen/Entscheidungen zu Themen der gesamten Schule/z.B. Regeln zur Nutzung von Teams „Handzahme Netikette“) sind feste Bestandteile unseres Schullebens.
Die Teilnahme am Demokratiefestival bildet den Höhepunkt eines Schuljahres.
Im Februar werden Vertreter*innen zur „Pädagogischen Schulkonferenz“ eingeladen. Hier stellen die Kinder ihre Arbeit den Eltern- und Lehrervertreter*innen vor und stehen für Fragen zur Verfügung.
Ausblick
Strukturen
Die Existenz eines Schülerparlamentes soll als fester Bestandteil im Schulprogramm der GS Netphen implantiert werden. Die Kinder erhalten als beratende Mitglieder somit eine Stimme in der Schulgemeinde. Hierzu muss ein Beschluss der Schulkonferenz 2025/2026 herbeigeführt werden.
Praxis
Die Schulkonferenz beschloss in der Sitzung vom Juni 2025 das Februar Highlight der „Fackelwanderung“ umzuwandeln.Die Entscheidung zwischen einem Lichterfest und einer Lichterwanderung wird den Kindern überlassen.
Ein erstes Brainstorming fand zu diesem Thema bereits statt.
Gedanken der helfenden Erwachsenen
Brigitte Motz (Lehrerin i.R.)
In meiner Tätigkeit als Klassenlehrerin führte ich regelmäßig mit meinen Schulkindern einen Klassenrat durch. Dort wurden Themen des täglichen Schullebens und auch Probleme besprochen und diskutiert.
Im Verlauf des Schuljahres bemerkte ich Veränderungen bei der Themenauswahl. Es ging vielmehr auch um Dinge, die die gesamte Schule betrafen. Es kam z. B. der Wunsch auf, den Schulhof zu verändern. Hierbei konnte nun nicht eine einzelne Klasse etwas ausrichten, sondern diese Wünsche mussten mit der gesamten Schülerschaft beratschlagt werden. Dies war der Startpunkt zur Bildung eines Schülerparlamentes.
Die Klassensprecher stellten dann die Ergebnisse in den Klassen vor.
Das erste Projekt, das demokratisch zur Sprache kam, war die Verschönerung und Neugestaltung des Schulhofes. In Diskussionen und Besprechungen wurde sich für eine Kletterwand ausgesprochen, die mittlerweile auch im Schulhof fest verankert ist.
Im Laufe der letzten Jahre ist das Schülerparlament zu einer festen Einrichtung in der Schullandschaft geworden und hat schon zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht.
Svenja Steinberger (Schulsozialarbeiterin)
Als Schulsozialarbeiterin spiele ich eine wichtige Rolle bei der Förderung der Partizipation von Grundschülern und Grundschülerinnen, was besonders wichtig ist, weil sie dadurch lernen, aktiv an Entscheidungen teilzunehmen und ihre Meinungen zu äußern. Das ist eine wichtige Grundlage für das Verständnis von Demokratie, also der Idee, dass alle Menschen mitbestimmen dürfen. Wenn Kinder schon früh die Möglichkeit haben, ihre Wünsche und Ideen einzubringen, entwickeln sie ein Gefühl dafür, wie demokratische Prozesse funktionieren. Sie lernen respektvoll zuzuhören, Kompromisse zu finden und Verantwortung zu übernehmen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein und fördert eine positive Einstellung zur Gemeinschaft, was in meiner Arbeit als Schulsozialarbeiterin Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Kindern ist. Insgesamt trägt Partizipation dazu bei, dass Kinder zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Mitgliedern einer demokratischen Gesellschaft heranwachsen. Durch die Arbeit mit den Kindern im Schülerparlament ermutigen wir die Kinder, Verantwortung zu übernehmen, respektvoll miteinander umzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden. So tragen wir dazu bei, dass die Kinder nicht nur in der Schule, sondern auch für ihr späteres Leben wichtige demokratische Werte lernen.
Warum engagiere ich (Annette Kramps, SL) mich für dieses Thema?
Naive Motivation
Die typische Lehrer*innen Seele ernährt sich m.E. durch Freude an den Kindern. Es ist mir eine Freude zu hören und zu sehen, wie diese großartigen jungen Menschen in unserer Schule miteinander umgehen, diskutieren und Kompromisse finden. Es erfüllt mein Herz mit großem Stolz und gibt Kraft!
Motivation durch Notwendigkeit
Unsere Gesellschaft hat m.E. die Demokratie lange Jahre sträflich vernachlässigt.
Sie war selbstverständlich – nicht schützenswert. Nun ist sie in Gefahr.
„Demokratie leben“ ist nicht angeboren. Demokratisches Handeln muss erlernt und gepflegt werden.
„Demokratie leben“ können, setzt folgende Kompetenzen voraus:
Ich kann
• Wünsche und Bedürfnisse erkennen
• Meinungen sachlich darstellen
• Verständnis für Andere/s aufbringen
• Reflektieren – abwägen – entscheiden
• Entscheidungen argumentativ vertreten
• Verantwortung übernehmen
• Konsequenzen tragen
• Niederlagen verkraften
• (Lob ertragen)
Es ist meine tiefe Überzeugung, dass diese Kompetenzen durch das Vorleben von Erwachsenen und permanentes Üben und Anwenden im jüngsten Alter verinnerlicht (automatisiert?) werden können. Diese Überzeugung wiederum verpflichtet mich als Schulleiterin, die Chancen der Mitbestimmung und der Teilhabe für die Schülerinnen und Schüler an unserer Grundschule zu ergreifen.
gez. Brigitte Motz (Lehrerin i.R.),
Svenja Steinberger (Schulsozialarbeiterin),
Annette Kramps (Schulleiterin)
Das Schülerparlament der Grundschule Netphen ist Gewinner des “Siegener Leuchtturms 2025”.
Video: Schülerparlament Grundschule Netphen
Das Schülerparlament in der Siegener Zeitung:
Schülerparlament Grundschule Netphen: Siegener Zeitung
Vereinbarung des Schülerparlaments über die Nutzung von Teams:
Handzahme Netikette